Winterexkursion am Pfäffikersee

Der erste Samstagnachmittag nach Neujahr ist für die Vogelfreunde in Pfäffikon seit vielen Jahren fix verplant, findet doch an diesem Tag die alljährliche Winterexkursion des Natur- und Vogelschutzvereins Pfäffikon statt. Aufgrund der Corona-Pandemie musste nun schon zum zweiten Mal in Folge die Veranstaltung abgesagt werden. Grund genug, mit etwas Phantasie und Rückgriff auf die Erlebnisse der letzten Jahre, die Leser und Leserinnen der PfäffikerIn auf eine fiktive Winterexkursion ohne Coronavirus mitzunehmen und wünschen dabei viel Spass und spannende Entdeckungen.

Es liegt ein wenig Schnee am Ufer des Pfäffikersees an diesem Samstagnachmittag. Obwohl das Thermometer nur knapp unter 0 Grad anzeigt, fühlt sich durch den leichten Wind die Temperatur sehr viel kühler an. Am Seequai versammelt hat sich eine bunte Mischung aus Alt und Jung, Familien, Kindern, einzelnen Personen, mit und ohne Fernglas.

Teilnehmende an der Winterexkursion

Wie gut, dass sich die rund 50 Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Winterexkursion nach dem Zwiebelprinzip warm gekleidet haben. Erstaunlich, dass die Blässhühner am Seequai allen Temperaturen trotzen und unbeeindruckt im kalten Wasser nach Nahrung tauchen. Wie machen das die Vögel nur?

Nach der Begrüssung durch den Vorstand des Natur- und Vogelschutzvereins Pfäffikon werden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf fünf Gruppen verteilt, jeweils mit Exkursionsleiter, Helfer und Spektiv ausgestattet. Und schon geht es los. Direkt vor dem Seequai gibt es neben den Blässhühnern weitere Enten zu beobachten, die eifrig nach Nahrung tauchen.

Blick durch das Spektiv

Wir erfahren, dass bei den Reiherenten die Männchen schwarz-weiss und die Weibchen braun-dunkelbraun gefärbt sind. Der Blick durch das Spektiv zeigt ungewohnte Details: Reiherenten haben einen auffällig gelb leuchtenden Augenring.

Reiherenten-Männchen
Reiherenten-Weibchen

Ein Stückchen weiter in Richtung Meteorkanal entdecken wir einen Haubentaucher, der emsig sein Federkleid pflegt. Und nun klärt sich die Frage, warum das kalte Wasser den Wasservögeln nichts anhaben kann. In der Bürzeldrüse wird Fett produziert, das der Vogel mit Schnabel und Beinen im Gefieder verteilt. Durch die regelmässige Pflege wird das Federkleid wasserabweisend und sorgt dafür, dass der Vogel auch beim Tauchen nicht nass wird und auskühlt. Die lustigen Verrenkungen des Haubentauchers können wir durch das Spektiv genau beobachten und sogar die Lappen an den Zehen sehen, die der Familie, zu der der Haubentaucher gehört, den Namen gegeben haben: Lappentaucher.

Haubentaucher

Das Trillern eines kükenähnlichen Vogels verrät den ebenfalls zu den Lappentauchern gehörenden Zwergtaucher im Schlichtkleid, der im offenen Wasser zu sehen ist. Oft ist der Zwergtaucher im Schilf am Uferrand oder unter herabhängenden Ästen gut versteckt.

Zwergtaucher

Fast magisch wird unser Blick von einem Rotkehlchen angezogen, das keck vor uns auf dem Weg herumhüpft. Es scheint so gar keine Angst vor uns zu haben. Ein Wintergast aus den einsamen Weiten des Nordens, der nun neugierig Urlaub bei uns im Siedlungsraum macht, während unsere Rotkehlchen die Wärme des Mittelmeerraums geniessen.

Rotkehlchen

Am Meteorkanal angekommen, suchen wir systematisch das Ufer nach den heimlichen Feuchtgebietsbewohnern am Pfäffikersee ab. Eine Wasserralle ist mit sehr viel Glück und Geduld dort das ganze Jahr über zu beobachten oder zumindest zu hören. Das „Schweinchenquieken“ ist unverwechselbar.

Wasserralle

Ein besonders seltener Wintergast aus dem hohen Norden offenbarte sich in der Winterexkursion von 2017: eine Zwergschnepfe, die als Brutvogel nicht in der Schweiz vorkommt. Ein besonderer Moment für die damals Teilnehmenden.

Zwergschnepfe

Die Bekassine, ebenfalls zu den Schnepfenvögeln gehörend, kann ganzjährig am Pfäffikersee entdeckt werden. Allerdings braucht es ein geschultes Auge, den gut getarnten und seltenen Vogel auf dem Feld oder in der Ufervegetation zu entdecken.

Bekassine

Während wir voll konzentriert den Blick auf die Uferkante gerichtet haben, schiesst ein blau-schillernder Diamant die ganze Länge des Meteorkanals hinab. Viel zu langsam unsere Reaktion und viel zu schnell ist er wieder verschwunden. Stimmengemurmel macht sich breit. Ist er doch der kleine Höhepunkt unserer Exkursion, auf den alle heimlich gehofft hatten. Systematisch werden nun die über dem Meteorkanal hängenden Äste abgesucht. Der Eisvogel liebt strategisch günstige Sitzpositionen, von denen er im geeigneten Moment nach einem kleinen Fisch hinabstossen kann. Ein kurzer, schriller Pfiff – und schon ist er wieder vorbeigesaust. Eine Weile vergeht und die Hoffnung auf eine genauere Beobachtung schwindet. Vielleicht hat er Mitleid mit den Neulingen unter den Teilnehmern? Plötzlich setzt er sich direkt auf einen Ast etwa einen Meter von der kleinen Gruppe entfernt, so, als wolle er sagen „na, habt ihr mich endlich alle gesehen und bin ich nicht wunderschön“? Als er nach einer gefühlten Ewigkeit weiterfliegt, ist es um den einen oder anderen Glückspilz geschehen und der Vogelvirus hat zugeschlagen. Vielleicht ist der Eisvogel an diesem Tag der Auslöser, einen der zahlreichen Vogelgrundkurse, die jedes Jahr von den Sektionen angeboten werden, zu besuchen. Und wer weiss, um wenige Jahre später nach Feldornithologie- und Exkursionsleiterkurs an der gleichen Stelle auf den Eisvogel zu warten: nun aber als Gruppenleiter und mit grosser Freude daran, die zahlreichen Fragen der wissbegierigen Teilnehmer zu beantworten.

Eisvogel

Wissbegierig sind auch die Kinder, die extra einer Kindergruppe mit eigenem Programm zugeordnet wurden.

Welche Aufregung, das erste Mal durch ein Spektiv zu blicken. Einfach ein Auge zukneifen und gerade hindurchgucken.

Erster Blick durch das Spektiv

Es ist gar nicht so einfach, die vorbeischwimmenden Enten im Blick zu behalten. Aber die Mühe lohnt sich. Wunderschön ist das farbenfrohe Krickenten-Männchen anzusehen. Die Krickente ist die kleinste europäische Entenart. 

Krickente

Eine auf einem Pfahl sitzende Lachmöwe erscheint durch das Spektiv riesengross.

Lachmöwe

Ein Blässhuhn taucht mit einer Muschel aus dem Wasser auf. Was fressen Wasservögel eigentlich? Um diese Frage zu beantworten, sind erst einmal die Kinder selbst gefordert.

Blässhuhn

Die Vögel auf den Bildern hatten sie gerade live beobachten dürfen. Nun gilt es, ihnen die richtige Nahrungsquelle zuzuordnen. Die Reiherente frisst Wandermuscheln. Der dolchartige Schnabel vom Haubentaucher eignet sich bestens zum Fischfang unter Wasser. Das Taucherli, wie das Blässhuhn in Mundart auch genannt wird, zeigt sich flexibel und frisst Wasserpflanzen aber auch tierische Nahrung, wie Muscheln oder Schnecken. Die zu den Allesfressern gehörenden Lachmöwen zeigen sich wenig wählerisch und stürzen sich auf jedes Futterangebot, gleich ob im Wasser oder auf dem Feld.

Kindergruppe mit Aufgabe

Es gibt genug Nahrung für die Wasservögel – auch im Winter. Deshalb ist eine zusätzliche Fütterung nicht erforderlich. Die Kinder lernen, dass das Füttern der Wasservögel mit Brot zu Verdauungsproblemen und durch das Anlocken in grosser Zahl zu Stress untereinander, Krankheiten und Verletzungen führen kann.

Lachmöwe bei der Fütterung

Viel zu schnell sind die 2 Stunden der Exkursion vergangen und die Teilnehmer und Teilnehmerinnen treffen sich, angeregt durch die frische Luft, die spannenden Beobachtungen und interessanten Geschichten über die Vogelwelt, wieder am Seequai.

Der Schrei eines Graureihers im Flug lässt die Gruppe aufblicken. In geringer Höhe fliegt er in Richtung Meteorkanal vorbei. Im Unterschied zu den Störchen ist der Hals bei Reihern im Flug nicht gestreckt, sondern abgewinkelt. Gehört er nun zu den Wintergästen oder Standvögeln? Viele Fragen sind noch offen.

Graureiher

Der ausgeschenkte Apfelpunsch lässt die klammen Finger wieder auftauen. In geselliger Runde werden die Erlebnisse der einzelnen Gruppen ausgetauscht und weitere Fragen beantwortet. Antreiber zum Vogelzug im Herbst ist die drohende Nahrungsknappheit durch zugefrorene Seen oder fehlende Insekten. Viele unserer Wintergäste sind Kurzstreckenzieher, die flexibel auf Witterungsverhältnisse reagieren und sich teilweise mit unseren Brutvögeln mischen. Ist ein Winter nicht sehr kalt, können die Vögel auch auf Überwinterungsplätzen weiter oben im Norden überleben. Bei strengen Wintern sind sie in grösserer Zahl auf schweizerischen Seen zu beobachten. Drohen auch diese zuzufrieren, wird einfach ein Stück weiter in den Süden geflogen. Deshalb ist auch die Abgrenzung, welche Vogelart nun ein Standvogel und welche ein Wintergast ist, schwierig und macht das Vogelbeobachten so spannend: Welche Vogelart wird auf der nächsten Winterexkursion zu entdecken sein?

Zur Überbrückung bis zur nächsten Exkursion sind alle Leser und Leserinnen der PfäffikerIn herzlich eingeladen, die aufgeführten Vogelarten bzw. -familien den Spuren im Schnee zuzuordnen. Wir freuen uns auf zahlreiche Rückmeldungen bis Montag, 28.02.2022, entweder per E-Mail an beisitz@nvvpfaeffikon.ch oder über die Homepage https://nvvpfaeffikon.ch/kontakt/

Für die Preisträger winkt eine extra für sie organisierte Exkursion des NVV am Pfäffikersee.

Viel Glück!

Die Auflösung erfolgt in der März-Ausgabe der PfäffikerIn und hier auf der Homepage.

Fotos: Remo Zanelli, Sonja Ellermeyer, Michael Gerber, Andreas Scheidegger, Ursula Müller, Michael Lampérth

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